Erste Erfahrungen mit dem Nachtleben / Auf der Suche nach Alternativen zum Hostel
Nach unserer ersten Woche in Sydney, die vor allem durch organisatorische Aktionen, wie z.B. das Eröffnen eines Kontos, das Beantragen der Tax file number und die Jobsuche geprägt war, wollten wir nun auch endlich einen Einblick in Sydneys Nachtleben bekommen. Da wir uns bislang immer noch gegen die ständigen Aufforderungen der Westendmitarbeiter gewehrt hatten und somit nicht feiern gegangen waren, war es uns möglich gewesen das Partyverhalten der Anderen zu beobachten. Dabei fiel uns auf, dass die Leute in Australien immer sehr früh feiern gehen, welches für einen Neuling wie mich sehr gewöhnungsbedürftig war. Während wir um ca. 19.00 Uhr noch in der Gemeinschaftsküche standen und unser Abendessen zubereiteten, waren andere bzw. die Partygänger schon längst betrunken und ordentlich in Feierlaune. Dabei durften wir so einige Male mit ansehen, wie sich der ein oder andere volltrunkene Ire ausgezogen hat, gestürzt ist oder sich in der Küche erbrochen hat.
Trotz ungewöhnlich früher Ausgehzeit, schafften wir es dennoch diesen Freitag auch endlich einmal rechtzeitig fertig zu sein. Da die sogenannte Scubar auf dem Plan stand, beschlossen wir der Gruppe dahin zu folgen. Die Scubar ist ein kleiner, typischer Backpackerladen und kooperiert mit einigen Hostels. Daher ist dort vor allem mit anderen Backpackern zu rechnen. Da wir mit unserer Hostelgruppe unterwegs waren, mussten wir keinen Eintritt bezahlen und bekamen jeder einen Coupon für ein Freigetränk. Bei unserer Ankunft um 21.00 Uhr vor der Bar begrüßte uns zu meiner Verwunderung ein Türsteher, der genauestens alle Ausweise kontrollierte. Wie ich später erfahren durfte, ist es in Australien Vorschrift, dass jede Bar, jedes Cafe ab einer bestimmten Uhrzeit von jedem den Ausweis kontrollieren muss, um zu verhindern das Minderjährige nach 22.00 Uhr auf der Straße sind. Harte Sitten!
Nachdem wir den Eingang in die Scubar passiert hatten fanden wir einen recht guten Dj, einen Billardtisch und gähnende Leere vor, jedoch zeigte sich bereits eine Stunde später der ganze Laden in einem völlig anderem Licht: Aus der zuvor ruhigen Bar wurde plötzlich ein gut gefüllter Club mit Tanzfläche, der Billardtisch verschwand und die Leute die zuvor noch recht träge ihre Kugeln versenkt hatten, bewegten sich nun im Rhythmus zu den neuesten House Beats.
Somit wurde der anfangs so langweilige Abend dann doch noch recht witzig und ich durfte bzw. musste auch schon nach kurzer Zeit mit der australischen Offenheit Bekanntschaft machen. Ein absolut abstoßender Kerl im Strickpullover mit Elchmotiv wollte einfach nicht verstehen, dass ich nicht mit ihm tanzen wollte und riss mich wie ein wild gewordenes Schwein hin und her. Zu allem Überfluss bedankte er sich dann lächerlicher Weise noch für den Tanz und gab mir einen Kuss auf die Wange. Auch meine Freundinnen durften miterleben mit welchen Erwartungen die Männer in solche Backpackerläden kommen. Frischfleisch: leicht zu haben und schon bald nicht mehr in der gleichen Stadt und somit ein bisschen Spaß ohne unerwünschte Folgen.
Da der Alkohol in Australien sehr teuer ist und wir auch keine Zeit mehr hatten im Hostel etwas vorzutrinken, durften wir das peinliche Flirtverhalten der Australier in absolut nüchternem Zustand erleben. Um halb drei war dann völlig unerwartet die Party zu Ende. Eine Putzkolonne fing so penetrant an zu putzen, dass selbst der Partywütigste mit dem Wischmob zwischen den Beinen nicht standhalten konnte und den Laden verlies. Mittlerweile konnte ich auch verstehen, weshalb alle immer schon so früh losgingen um zu feiern und am nächsten Tag verhältnismäßig früh wieder auf den Beinen waren. In Australien ist es normal, dass alle Clubs zwischen 2 und 3 Uhr Nachts schließen.
Nach ein paar Stunden Schlaf und einem typischen Backpacker Frühstück, welches aus billigem Coles Toast und irgendeiner günstigen Variante von Aufschnitt besteht, machten wir uns auf die Suche nach dem so genannten Georga House. Wir hatten durch einen Bekannten, der bereits seit einem halben Jahr in Australien lebt und arbeitet, erfahren, dass dies ein Studenten Haus sei, in dem man zu recht humanen Preisen ein eigenes Zimmer bekommen kann. Erwartungsvoll suchten wir halb Sydney ab. Wir fragten unzählige Passanten, denen dieses Studentenhaus jedoch nicht bekannt war und begannen langsam zu verzweifeln. Als dann ca. 2 Stunden später zwei Herren mittleren Alters uns derart verzweifelt, mit Stadtplan unter dem Arm an der Ampel entdeckten, zögerten sie nicht lang uns zu fragen, ob wir irgendwie Hilfe brauchen könnten. Da beide ebenfalls nicht aus Sydney kamen, waren sie uns zwar keine große Hilfe, boten uns aber an, mit zu ihrem Hotel zu kommen um dort von dem Portier Hilfe zu bekommen. Auch dem noch recht jugendlichen Portier war das Georga House kein Begriff, dennoch recherchierte er solange im Internet bis er uns die Adresse und eine Wegbeschreibung geben konnte. Wir waren sehr dankbar und zugleich verwundert über diese außerordentliche Hilfsbereitschaft, die hier zu Lande jedoch normal zu sein scheint.
Nachdem wir einige Kilometer gelaufen waren, erreichten wir endlich die Straße in der das Georga Haus sein sollte. Mittlerweile war es schon dunkel geworden und wir liefen durch einen doch eher ghettoartigen Bezirk. Als wir dann endlich den Eingang betraten, wurden uns auch sofort freundlicher Weise die Zimmer gezeigt. Es gab Doppel- und Einzelzimmer, die jeweils mit einem Waschbecken, einem Schreibtisch, einem Schrank und einem Stockbett bzw. Einzelbett ausgestattet waren. Zusätzlich verfügte jedes Zimmer über einen eigenen Internetanschluss. Der Nachteil jedoch war, dass man kein eigenes Badezimmer hatte und dass das gesamte Haus sehr zugig und ungemütlich war. Wir vereinbarten nach unserer Besichtigung zwei Tage Bedenkzeit und verließen das Haus.
Da wir uns tatsächlich entschieden hatten dort hin umzuziehen, checkten wir in unserem Hostel aus und riefen die Leute vom Studentenhaus an um unser bereits reserviertes Zimmer zu bestätigen. Dies gestaltete sich jedoch etwas problematisch, da zum Einen das reservierte Doppelzimmer nicht mehr verfügbar war und zum Anderen die Preisinformation falsch war. Zwar war der Preis von 200 aus $ pro Woche pro Person mit Frühstück noch recht günstig, jedoch für unseren kleinen Backpackergeldbeutel zu hoch. Daher mussten wir leider absagen, was das Personal des Hauses nicht so spontan akzeptieren wollte. Ich musste mich also tatsächlich auf eine Diskussion am Telefon einlassen, in der ich eine günstigere Schlafmöglichkeit nennen sollte! Nach dieser für mich als Nicht-Australierin recht komplizierten Diskussion, stellten wir fest, dass wir nun mehr oder weniger Obdachlos waren. Wir gingen also wieder mit Sack und Pack zu unserem Hostel zurück und wurden da bei unserer Rückkehr eher mitleidig belächelt.
Nach diesem schlechten Start in den Morgen beschlossen wir am Abend erneut mit unseren neu gewonnenen Bekanntschaften aus dem Hostel (gleichaltrige Backpacker aus Deutschland) die Nacht zum Tag zu machen. Auf dem Plan stand "The Gaff", ein weiterer Backpackerladen an der Oxfordstreet, welche in Sydney als absolute Schwulenstraße gilt. Am Abend kauften wir uns Bier, was neben "Goon" (ein absolut billiger Wein, der dementsprechende Kopfschmerzen verursacht) noch verhältnismäßig günstig ist. Da wir recht müde waren, beschlossen wir, uns vorher noch kurz hinzulegen, um ein wenig zu schlafen. Leider wachten wir erst einige Stunden später um halb elf am Abend wieder auf. Nichts desto trotz machten wir uns mit jeweils einem Bier intus, d.h. also nüchtern und müde, auf den Weg und fanden uns wenige Minuten später zwischen unzähligen Fetish Stores und vielen unglaublich gut aussehenden Männern wieder, die jedoch leider alle "vom anderen Ufer" waren. Obwohl wir zusehends mehr verunsichert waren, gingen wir weiter und erreichten nach ein paar Minuten das "Gaff".
Dort angenkommen, war die Kasse kaputt und somit wurden nur noch Leute rein gelassen, die bereits eine Eintrittskarten hatten. Selbstverständlich gehörten wir nicht dazu und wir sahen unseren Abend schon den Bach runter gehen. Zu unserem Glück bemerkten zwei Neuseeländer unsere Enttäuschung. "Zufälligerweise" hatten die beiden noch zwei Eintrittskarten, die sie uns überließen. Als wir dann endlich im Gaff, statt nur davor standen, strömte uns ein unsäglicher Alkoholgeruch entgegen und wir wurden in die Menschenmassen gedrängt. Die zwei Neuseeländer luden uns noch auf ein Bier ein, was sich jedoch zu einer absolut nervtötenden Tortur entwickelte. Denn sobald wir ein Bier ausgetrunken hatten und uns gerade verabschieden wollten, kam einer der Beiden und stellte uns das nächste auf den Tisch. Wir wollten den Abend alleine bzw. ohne diese beiden älteren Herren verbringen, jedoch auch nicht unhöflich sein. Somit gaben wir uns als derart langweilige Personen aus, dass sogar diese beiden penetranten Herren uns nach eineinhalb Stunden in Ruhe ließen. Endlich hatten wir also die Chance uns in dem Laden umzusehen.
Das Gaff ist eine Backpackerbar, die zum Einen mit recht günstigen Angeboten, wie z.B. Bier für 2 aus$ und zum Anderen mit speziellen Veranstaltungen, wie z.B. Ladies Night lockt. Außerdem verfügt das Gaff am Wochenende über eine zweite, größere Tanzfläche im Untergeschoss. Die Leute im Gaff sind hauptsächlich Backpacker und somit darf man sich über unzählige rumknutschende Paare nicht wundern.
Nach einigen Stunden, so um halb drei, war der Laden dann ziemlich leer und somit beschlossen auch wir den Weg zurück ins Hostel anzutreten. Dabei stießen wir auf ein kleines und niedliches Tier am Wegrand. Es war ein Opossum. Diese sind in Australien an jeder Ecke zu finden und bekannt dafür, den Menschen alles zu wegzufressen.