Britta goes Down Under

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13 , 2010

Unileben und die australische Mentalität von Gruppenarbeit – ich krieg die Krise!

Allgemein — posted_by britta @ 21:29

 

Mittwochmorgen sollen wir in Gruppen von vier Leuten ein Training geben (Kurs: Training & Development), es ist Montagabend und ein Großteil ist noch unklar: inhaltlich sowie organisatorisch. Wer welchen Part übernimmt, wie genau das Rollenspiel aussehen soll… Für den Fall dass wir dann mal Gruppentreffen haben mit der kompletten Gruppe, was so gut wie nie der Fall war, dann wird u.a.  überflüssige 30-Minuten lange Internetrecherche á la „Welchen Satz könnte man bei Stille Post weiter sagen?“ gemacht. Aber der Dialog für ein Rollenspiel…der kann ja warten. Ich bin gespannt auf Mittwoch und froh wenn es vorbei ist!!!

 


Da in den letzten Wochen nicht allzu viel passiert ist, dachte ich, ich schreibe mal über das Unileben in Australien. Da spielt sich in der letzten Zeit sowieso die Hälfte des Tages ab, in der ich nicht gerade schlafe, einkaufe oder Strandspaziergänge mache, um mich von der Uni zu erholen…

Erst einmal zum Campus: die Uni liegt etwas außerhalb von Gold Coast. Mit dem Bus brauche ich etwa 20 Minuten (bei wenig Verkehr) bis ich an meinem mittlerweile täglichen Ziel bin. Der Campus ist nicht ganz so groß wie Dortmund, hat viele kleine Gebäude und zwischendurch immer wieder Sitzgelegenheiten um in der Sonne zu lernen. Hin und wieder gibt es ein paar kleine Grünflächen, die bei ein paar Sonnenstrahlen auch schon gut besiedelt sind. Laut krächzende Vögel und das schöne Wetter können einen doch ganz gut vom Lernen abhalten, will man dem entgehen kann man zwar in eine Bibliothek gehen, die zwar sehr nett aufgemacht ist, aber so wenige Sitzplätze hat, dass es nach 10 schwer ist, dort noch einen Platz zu finden. Es gibt noch einige Gebäude mit sogenannten „Learning Centren“, in denen man auch die Möglichkeit hat, sich an einen PC zu setzen, allerdings sind diese ebenso sehr beliebt. Dokumente drucken funktioniert hier anders, als ich es aus Dortmund kenne. Man öffnet das gewünschte Dokument auf dem Bildschirm, geht ganz normal auf „Drucken“, dann kann man zu einem Drucker gehen, die überall in PC-Nähe stehen, gibt seine Matrikelnummer und seine PIN ein und kann dann, wenn man genügend Geld auf das Kopierkonto geladen hat, das Dokument drucken. Kopieren erfolgt ebenfalls über die Matrikelnummer und PIN, ohne Kopierkarte, was eigentlich sehr praktisch ist.

Die meisten Studenten haben vier Fächer, einige Austauschstudenten müssen nur drei Fächer belegen, aber in der Regel hat man doch vier. Jedes Fach besteht aus 2 Stunden Vorlesung und einer Stunde Tutorium. Die Tutorien werden meist von den Profs zu verschiedenen Zeiten veranstaltet. Bei einem großen Kurs kann es auch sein, dass jemand anders das Tutorium gibt. Eigentlich ist das Tutorium Pflicht, aber die Anwesenheit lässt  hier trotzdem im Laufe der Zeit stark nach. Es werden zwar meist die Namen kontrolliert, aber solange es keine Punkte für Anwesenheit gibt, interessiert es wahrscheinlich letztendlich auch keinen, ob man da ist oder nicht. Und in den Vorlesungen fällt es sowieso nicht auf, wenn man fehlt. In „Training & Development“ sitzt mittlerweile noch circa ein Viertel der Leute in der Vorlesung… Im Prinzip kann man sich die Vorlesungen wirklich sparen, wenn man das Buch hat, was man sich Anfang des Semesters kaufen musste, das im Schnitt 100 AUD kostet. Die Bücher, mit denen gearbeitet wird, sind aber wirklich sehr gut (viele Beispiele und vor allem sind sie verständlich geschrieben und teilweise echt interessant) und geben eigentlich genau das wieder, was in der Vorlesung besprochen wird. Außerdem wird ein Teil der Vorlesungen auch aufgenommen, so dass man sich von zu Hause aus anhören kann, was der Prof erzählt hat.

Zu meinen Fächern:

Tourism Economics:

Professorin: Sehr sympathisch, erklärt alles verständlich

Inhalt: Zum größten Teil deckt es sich mit dem, was ich in den letzten Semestern in Wirtschaft in Dortmund hatte, bloß das hier alles auf die Tourismus-Branche bezogen ist

Tutorium: in den ersten Wochen mussten wir als Hausaufgabe jeweils einen langen Journal-artikel lesen, die teilweise sehr schwer geschrieben waren. Am Ende waren jeweils circa 12 Fragen über den Text. Die Hälfte der Leute hatte die Hausaufgaben meist nicht gemacht, das Tutorium diente eigentlich nur dazu die richtigen Antworten abzuschreiben. Die Antworten dürfen nicht online gestellt werden, da man dies als Motivation sehen soll zum Tutorium zu gehen. Klar, sonst würde auch keiner mehr kommen, weil man echt nichts macht außer Antworten abzuschreiben. Lächerlich. In den kommenden Wochen müssen in Kleingruppen kurze Präsentationen gehalten werden und ein Research Paper dazu abgegeben werden. Mein Thema: Carbon pricing und die Auswirkungen auf die Tourismus Industrie. Meine Gruppe besteht aus einer Engländerin und noch einer Deutschen. Fazit: Läuft!

Kommilitonen: 85 % Asiaten, ich sitze meist neben Yen, einer Vietnamesin, die ich in der dritten Woche kennen gelernt habe.

 

Public Relation:

Professorin: Sehr sympathisch, bringt viele aktuelle Beispiele

Inhalt: Was ist PR? Was ist wichtig bei PR? Welche Interessengruppen betrifft PR und wie geht man mit ihnen um? Wie betreibt man Recherche um Meinungen der verschiedenen Gruppen zu erforschen um gezielt darauf zu reagieren?

Tutorium: Lohnenswert; mein Lieblingstutorium. Sehr nette Tutorin, sehr hilfsbereit bei unserer schriftlichen Ausarbeitung (Krisenplan erstellen, falls in unserem Land BSE auftaucht). Eigentlich geht sie mit uns alles durch, was wir schreiben müssen. Wir müssen das Ganze nur noch kreativ verpacken…

Kommilitonen: schwer sie kennen zu lernen

 

Introduction to Tourism

Professorin: wirkt oft als hat sie überhaupt keine Lust

Inhalt: Wenn man das Buch liest sehr interessant (wo/wie entstand Tourismus? Die Entwicklung von Tourismus; welche Faktoren locken Touristen an(pull-Faktoren)? In welche Gruppen kann man Touristen einteilen?...) Wenn man sich die Vorlesung anhört teilweise sehr langweilig.

Tutorium: Diskussionen mit dem Sitznachbarn über eine Fallstudie; 50 Minuten sind hier eindeutig zu lang!

Kommilitonen: vier andere FH-Dortmunder = schwer Leute in der Vorlesung kennen zu lernen; im Tutorium bin ich (zum Glück) alleine und mittlerweile hat man immer den gleichen Platz/Sitznachbar; Gefühlter Altersdurchschnitt: 19 Jahre

 

Training & Development

Professorin: Auf den ersten Blick sehr nett aber sehr schlechte Vorbereitung und Einführung in die Gruppenarbeit bzw. was genau wir machen sollen

Inhalt: Wie bereitet man sich darauf vor, andere Gruppen in einem Thema zu trainieren? Was gehört zu einem Training? Wie wird es vorbereitet/nachbereitet? Auf was muss man achten? Welche verschiedenen Möglichkeiten gibt es um das Training vielfältig zu gestalten? Welche Methoden eignen sich für welche Zielgruppen/für welches Lernziel?

Tutorium: KATASTROPHE! Die ersten Wochen waren geprägt von Organisation(s-chaos). In den ersten 4 Wochen geschah nichts weiter als Gruppen für die Gruppenarbeit zu bilden, festzulegen, welche Gruppe ihr Training wann geben muss und wer wem wann Feedback gibt. Bis ich verstanden habe, was eigentlich in den Trainings erwartet wird und wie das alles ablaufen soll waren 5 Wochen um, was aber nicht an meinem Englisch lag sondern daran, dass wir überhaupt keine Anweisungen bekommen haben. Wir wussten nur, wir müssen unser Training auf ein Training Package beziehen. Aha! Mit den Hunderten von Training Packages konnte ich aber gar nichts anfangen. In meinem Kopf schwirrten so lange Fragezeichen, bis die erste Gruppe uns dann darin trainierte Papierblumen zu falten. In der Zwischenzeit hat sich dann meine Gruppe zusammen gefunden (2 Australier und ein Mädel aus Serbien, die aber schon seit 12 Jahren in Australien wohnt). Jede Woche hieß es dann „Wir gucken uns die Training Packages an damit wir ein Thema finden.“ So ging das 5 Wochen lang. Dann hatten wir endlich ein Thema: Konfliktmanagement. Aber was genau machen wir damit? Zu unseren Gruppentreffen, die sehr selten und sehr kurz jeweils waren, kam Jonathan schon meistens gar nicht. Wenn man Glück hatte, sagte er wenigstens ab. Unsere Ideen blieben gleich Null. Da ich in Dortmund ein Seminar zu dem Thema besucht hatte, stellte ich dann ein paar Aktivitäten zusammen, die man machen könnte. Mirjana hatte auch noch einige Ideen… Am Mittwoch darauf trainierte die nächste Gruppe: Konfliktmanagement! Und ungefähr genauso wie wir das hätten machen wollen. Mirjana und ich trafen uns um unser Training inhaltlich zu variieren. Wir hatten noch 2 Wochen. Ich arbeitete unseren Session Plan aus (ein Plan in dem festgelegt ist, wer was wann wie lange mit welchen Methoden trainiert) schickte Ideen für Inhalt und Aktivitäten an den Rest des Teams…keine Kommentare, keine Antworten. Irgendwann kam dann von den Jungs eine E-Mail, dass wir unser Thema besser ändern. Wir hatten noch anderthalb Wochen und haben 5 Wochen gebraucht, bis wir überhaupt ein Thema hatten…Wir müssen ja sowieso noch einen Session Plan schreiben, den wir nicht trainieren müssen. Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sollte dieses Thema sein. Wir könnten ja das trainieren. Brad meinte, wir können demonstrieren, wie man Kisten richtig hebt (45 Minuten lang???) und Jonathan meinte, er hat ja auch schon Erfahrung auf dem Gebiet. Schön, dann soll er seine Erfahrung aber bitte einfach bei einem Gruppentreffen mitteilen. Bei dem nächsten kam er wieder nicht. Stattdessen rief er an und meinte, wie wären sowieso unproduktiv, da müsste er nicht extra für an die Uni kommen. Was soll man dazu sagen? Aber ohne ihn waren wir wirklich effektiver. Wir änderten unser Thema nicht, konnten Brad davon überzeugen, dass wir unseren Inhalt einfach ändern und blieben jetzt also bei Konfliktmanagement. Unsere Treffen um etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen blieben weiter sparsam. Jedes Mal hieß es nur, wir gucken zu Hause ob wir ein gutes Video finden oder Bilder, die Konflikte gut beschreiben. Wenn wir uns wieder getroffen haben, waren wir keinen Schritt weiter und verbrachten stattdessen unsere Treffen damit sinnlos im Internet zu surfen. Jonathan wollte sich dann bis heute überlegen, wie wir ein Rollenspiel einbauen können. Es folgte weder eine E-Mail noch seine Anwesenheit… Uns fehlte heute also immer noch der Punkt „Strategien um Konflikte zu vermeiden“. Aber anstatt dass wir uns darüber Gedanken machten, suchte Brad im Internet nach Sätzen, die sich für „Stille Post“ unseren Ice-Breaker (Spiel am Anfang um die Atmosphäre zu lockern) eignen. Damit ist er schon seit 5 Tagen beschäftigt… Dann zog er 10 Minuten Linien auf dem Handout, auf denen die anderen dann mitschreiben können, was wir erzählen… Muss man sowas während dem Team-meeting machen? Ach, ich könnte noch weiter schreiben, aber es reicht wohl wirklich davon nun! Ich bin gespannt. Morgen Abend um halb 7, 14 Stunden vor dem Training, gehen wir dann zum ersten Mal alles durch…hoffentlich sind wir dann vollständig!

Um auch noch mal kurz von etwas Schönem zu berichten: Gestern war ich mit ein paar Leuten in einem Wildlife Sanctuary in Currumbin, 40 Minuten mit dem Bus von hier entfernt. Wir waren zwei Deutsche, ein Chinese, eine Vietnamesin und ein Engländer (wow, die meiste Zeit habe ich Englisch gesprochen!). Ein wunderschöner Tag! Das Wildlife Sanctuary ist eine riesengroße Parkanlage, mit Wald zwischendurch und verschiedenen Tiergehegen.  Wir konnten Kängurus streicheln und füttern, Koalas und kleine Krokodile auf den Arm nehmen und es gab verschiedene Tiershows. Einmal am Tag wird ein Dingo/Echidna/Wombat…-Talk durchgeführt, bei dem man sich von einem Tierpfleger mehr zu dem jeweiligen australischen Tier erzählen lassen kann.

Neben dem Koala auf dem Arm war ein weiterer Höhepunkt das Klettern im Hochseilgarten. Dies war im Preis inklusive und MUSSTE einfach ausprobiert werden. Wir bekamen also einen Anzug an, ausgestattet mit 2 Karabinerhaken und einem Teil mit Rollen, das man benutzt wenn man sich von einem Baum zum nächsten abseilt, Handschuhe und dann ging es nach einem Kurzfilm über Sicherheit und wie man sich fortbewegt los. Es war aufregend. Über Seile balancieren 5 Meter über dem Boden oder Holzleitern, an denen die Sprossen hin und her schwingen. Das war auf jeden Fall ein super Erlebnis was ich nur empfehlen kann!!!

Am Wochenende vorher waren wir in Brisbane, dort war Riverfest mit abendlichem Feuerwerk. Ein Traum. Eine halbe Stunde so viele Raketen in so vielen Farben an so vielen verschiedenen Stellen in der Stadt…und dann im Hintergrund die Skyline. Silvester in Sydney muss echt Wahnsinn sein, aber das werde ich leider nicht mehr hier erleben.

So, genug für heute. Der nächste Bericht folgt nach Melbourne, wo ich in 2 Wochen hinfliege...


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