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Brisbane die Zweite / Sunshine Coast bei Granny

Allgemein — posted_by mellizo1 @ 17:00

Wir waren nun also wieder zurück in Brisbane. Neben der Zivilisation und Starbucks Coffee freuten wir uns auch auf das Wiedersehen mit alten Bekanntschaften, die wir bereits in Sydney kennen gelernt hatten und sich nun auch in Brisbane aufhielten.

Da wir im Outback leider kein Internet hatten konnten wir unser Hostel nicht im Voraus buchen und mussten nach unserer Ankunft vor Ort auf die Suche gehen. Um die ganze Sache etwas zu erleichtern, beschlossen wir wieder in das Base Hostel zu gehen. Glücklicherweise hatte dieses auch noch ein paar Betten frei, so dass wir noch am gleichen Tag einchecken konnten. Anders als beim letzten Aufenthalt in diesem Hostel hatten wir dieses Mal leider ein etwas weniger schönes Zimmer. Es war nicht nur wesentlich kleiner, sondern auch älter bzw. noch nicht renoviert. Die Betten quietschten, der Teppich war an einigen Stellen kaum noch zu sehen und unser Fenster ließ sich aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen nicht schließen. Da unser Fenster auch noch direkt zum Innenhof und über der Küche lag, roch es leider permanent nach angebranntem und fettigem Essen. Ich hatte mich natürlich genau in das Bett einquartiert, dass direkt am Fenster stand und lag somit jede Nacht in der stinkenden Zugluft.

Auch meine Hilferufe scheiterten kläglich. Von der Rezeption wurde ich zur Putzfrau geschickt und auch deren Hilfe fiel eher bescheiden aus, sodass sie mir weder zuhörte noch irgendetwas an der Situation änderte. Stattdessen sollte ich vor ihren und den Augen der anderen Zimmermitbewohner versuchen, das Fenster zu schließen. Mir war klar, dass es auch diesmal nicht klappen würde. Hatte die Putzfrau etwa wirklich gedacht ihre Anwesenheit hätte magische Auswirkungen auf das Fenster?

Nachdem sie sich selbst davon überzeugt hatte, dass es wirklich nicht möglich war dieses Fenster zu schließen, erzählte sie mir angenervt, dass vielleicht im Laufe des nächsten Jahres mal ein Handwerker oder so kommen würde um zu sehen, was man da machen könne. Da war mir dann endgültig klar, dass das Fenster auch weiterhin geöffnet bleibt und ich mir wohl besser eine zweite Decke besorgen sollte.

Nachdem wir einen Kaffee getrunken und etwas gekocht hatten gingen wir los um unsere Lebensläufe auszudrucken und diese so wie in Sydney in den Läden zu verteilen. Wir hatten zwar wenig Hoffnung, dass dies etwas bringt, wollten allerdings auch keine Möglichkeit auslassen und uns auf gar keinen Fall noch mal von dem Jobclub ins Outback vermitteln lassen.

Am Abend gingen wir zurück auf unser Zimmer und trafen dort auf eine andere Deutsche. Wir verstanden uns sofort (nicht nur sprachlich gesehen) und vereinbarten am nächsten Tag an die Southbank zu gehen. Die Southbank liegt auf der anderen Seite des Ufers und ist für ihre Restaurants und vor allem für den Stadtstrand bekannt.

Am nächsten Tag machten wir uns also auf den Weg. Der Weg entlang des Ufers, die schmalen Seitenpfade und die beinahe tropische Vegetation waren eine echte Abwechslung zum alltäglichen Großstadtgetümmel. Der Stadtstrand selber ist zwar wunderschön mit Palmen und Sand angelegt, leider aber nicht besonders groß und daher ziemlich überfüllt. In Deutschland wäre dieser Ort sicher ein wahres Highlight für uns gewesen aber hier in Australien, wo wir zuvor bereits Strände wie in Byron Bay gesehen hatten, konnte uns dies nicht wirklich begeistern. Wir beschlossen aufgrund des warmen Wetters uns ein Eis zu gönnen.

Dabei erzählte uns die andere Deutsche von ihrem Praktikum im Hilton Hotel und erkundigte sich im Anschluss darauf nach unseren Plänen. Wir wussten leider überhaupt nicht, was wir darauf antworten sollten. Die Angst, wie in Sydney ohne Job nach ewigem Warten die Stadt zu verlassen, war wieder da. Plötzlich fiel uns wieder das Angebot der Farmerin ein, dass wir für ein paar Tage bei ihrer Mutter an der Sunshine Coast leben könnten. „Warum eigentlich nicht?“, dachten wir uns. In Australien scheint es ja schon fast normal zu sein, dass man mehr oder weniger fremden Menschen sein Haus überlässt. Außerdem hatte sie es uns ja auch mehrmals angeboten. Wir beschlossen also, die Farmerin anzurufen und auf ihr Angebot zurückzukommen.

Wenige Stunden später war dann auch schon alles geklärt: Als erstes war ein Busticket für Montag zu besorgen. Dann vereinbarten wir für den nächsten Tag ein weiteres Telefonat, um den Zeitpunkt unserer Ankunft durchzugeben und den Transfer vom Busbahnhof zum Haus der Mutter zu organisieren. Voller Vorfreude beendeten wir das Gespräch und gingen zum hosteleigenen Traveldesk, um für 30 aus $ pro Person die Tickets zu buchen.

Am nächsten Tag versuchten wir die Farmerin zu der vereinbarten Zeit zu erreichen, doch leider sollte uns dies einfach nicht gelingen. Schon leicht panisch befürchteten wir nun die Tickets umsonst gekauft zu haben bzw. an einen anderen Ort zu reisen ohne zu wissen wo wir wohnen sollten. Glücklicherweise bekam ich eine Stunde später die rettende Sms.

Nun stand es fest. Am nächsten Morgen würden wir Brisbane erneut verlassen um in einem Ort, wo andere Urlaub machen, ein paar Tage kostenlos zu leben. Was kann es für einen armen Backpacker besseres geben? Wir vereinbarten mit unserer neuen deutschen Bekanntschaft, uns nach unserem Aufenthalt an der Sunshine Coast gemeinsam ein Appartement zu suchen und für eine Weile in Brisbane zu bleiben. Da waren sie plötzlich: Unsere Pläne.

Am nächsten Morgen ging es auch schon los und bereits drei Stunden später erreichten wir Caloundra, ein Ort der hauptsächlich vom Tourismus lebt und dementsprechend, d.h. mit vielen Hotels und Ferienappartements, besiedelt ist. Wir wurden bereits von der Farmerin und ihrem Sohn erwartet. Nachdem wir unser Gepäck im Auto verstaut hatten fuhren wir durch den Ort, am Kilometer langen Strand entlang. Super, genau so hatte ich mir das vorgestellt.

Leider entfernten wir uns immer mehr von Strand und Urlaubsort und die Umgebung um uns herum wurde zusehends hässlicher. Nach einer halben Stunde erreichten wir dann unser Ziel, einen kleinen Ort mit Namen Wurtulla. Wurtulla wirkte auf uns sehr amerikanisch, besteht im Wesentlichen aus einer Hauptstraße und einigen Wohnsiedlungen und wird sicherlich in keinem Reiseführer als Sehenswürdigkeit erwähnt. Die Farmerin stoppte vor einem sehr schönen, direkt an einem Fluss gelegenen, Haus in einer dieser Wohnsiedlungen. Uns erwartete dort eine helle und gemütliche Atmosphäre und ein Zimmer, in dem wir uns spontan wohl fühlten.

Wir stellten unser Gepäck ab und gingen in die Küche, wo sich die komplette Familie bereits an einem Tisch versammelt hatte: Der Farmer, seine Frau und die zwei Kinder. Lautstark berichtete der Farmer einer älteren Frau, die am Küchentresen saß, von unseren Aktionen, wie wir die Hunde verloren und Ewigkeiten gesucht hatten, das Fleisch zubereitet und den Haushalt geschmissen hatten. Uns beiden war nach einer Blitzanalyse der Situation klar, dass es sich bei dieser älteren Frau um die Oma handeln müsse, bei der wir nun die nächsten Tage leben würden, und begrüßten sie dementsprechend. Sie reagierte jedoch etwas verhalten und vermittelte uns auch nicht das Gefühl, willkommen zu sein. Nachdem wir uns etwas unterhalten hatten, war klar: Von Sympathie auf beiden Seiten keine Spur.

Sehr erleichtert waren wir, als sich ein Missverständnis aufklärte. Denn bei der älteren Frau handelte es sich nur um eine zufällig anwesende Freundin des Hauses, die wahre Oma tauchte erst später auf. Sie war klein, trug eine Brille, war ganz hibbelig und wollte uns sofort bekochen. Eben so, wie man sich eine Oma vorstellt, und wir mochten uns auf Anhieb. Da wir schon so dankbar dafür waren, dass wir bei ihr leben durften, beschlossen wir, für unsere Verpflegung selber zu sorgen und lehnten ihr Angebot dankend ab. Leider schien dies eine nicht so gute Idee gewesen zu sein. Die Oma konnte nicht verstehen weshalb wir uns unser eigenes Essen kaufen und nicht von ihrem essen wollten und schien deswegen sogar ein wenig beleidigt zu sein.

Ein wenig später verabschiedeten sich der Farmer und seine Frau von uns und fuhren mit ihren Kindern zurück auf die Farm. Auch die Frau, die am Tresen saß war verschwunden. Ein wenig Ruhe kehrte ein. Da die Oma Besuch von einer Freundin aus Darwin hatte, gingen diese am Abend essen, so dass wir nun ganz allein waren. Wir kochten und setzten uns an den Küchentisch.

Plötzlich betrat ein doch sehr beleibtes Mädchen unseres Alters die Küche. Es war die Enkeltochter, von der uns die Oma bereits erzählt hatte. Auch sie hatte hier ihr eigenes Zimmer und lebte dort. Ohne zu zögern setzte sie sich zu uns an den Tisch und begann mit uns zu sprechen, als würden wir uns schon seit Jahren kennen. Offensichtlich war unser Besuch schon im Voraus groß angekündigt worden, da sie uns davon berichtete, wie aufgeregt sie doch gewesen sei uns zwei Deutsche endlich kennen zu lernen. Sie schien recht nett zu sein und einen guten Hunger hatte sie auch mitgebracht, denn auf die eher rein höfliche Frage, ob sie etwas von unseren ohnehin zu knapp bemessenen Spaghetti haben möchte, willigte sie erfreut ein.

Nach dem Abwasch schlug sie vor, uns ein wenig die Gegend und „Moloola-Bar“ zu zeigen. Zwar waren wir beide recht müde und hatten von einer „Moloola-Bar“ auch noch nichts gehört, wollten allerdings auch nicht unhöflich sein. Also setzten wir uns ins Auto und die Fahrt konnte losgehen.

Als erstes hielten wir selbstverständlich an einer Tankstelle um einen kleinen XXL-Snack und eine Cola für unsere Fahrerin zu kaufen. Dann ging es bei lauter Musik und geöffnetem Fenster weiter durch die dunklen Ortschaften. So wie es eben nur die ganz “coolen” Leute machen. Dabei setzten wir auch regelmäßig mit dem alten und durch unser Gewicht ziemlich tief liegenden Wagen auf. Im Großen und Ganzen war der Abend jedoch sehr witzig und wir stellten fest, dass die Unterschiede zwischen deutschen und australischen Jugendlichen gar nicht so groß sind. Meine anfängliche Befürchtung, dass wir trotz Müdigkeit noch in eine Bar, nämlich die „Moloola-Bar“, fahren würden, legte sich in dem Moment, als wir mit dem Auto den Ort „Moloolaba“ erreichten. Ziel unserer Spritztour war also keine Bar, sondern ein Ort. Nun wurde mir auch klar, weshalb unserer Fahrerin auf meine Frage, ob ich denn so mitgehen könne, so komisch reagiert hatte.

Eine halbe Stunde später bogen wir auch schon wieder in die Einfahrt des Hauses ein. Unser erster Abend an der Sunshine Coast war überstanden, wir hatten schon die ersten Pläne für den nächsten Tag und zudem das Gefühl wirklich willkommen zu sein.

Der nächste Morgen begann früh, da uns Klumpen (wie wir die nette Enkelin auf Grund ihres außerordentlichen Bauchumfangs intern getauft hatten) aus den Federn rief, um mit uns an den Strand zu fahren. Mit dabei war ein uns schon bekanntes Gesicht, der Bruder von Klumpen. Mit ihm hatten wir bereits in Currawilla Bekanntschaft machen dürfen, als wir an einem Wochenende auf ihn und die zwei Söhne der Farmer aufpassen sollten. Auf unserem Weg zum Strand wurde selbstverständlich als erstes ein kleiner Zwischenstopp bei einer Tanke gemacht, um dort ein paar XXL-Snacks sowie einen Iced Coffee zu kaufen. Weiter ging es dann in den Drive-In des nahe gelegenen Mc Donald`s, um ein kleines XXL-Menü sowie eine Cola und ein Eis einzupacken.

Mit reichlich Proviant, von dem bei Ankunft am Strand allerdings nichts mehr übrig war, ging es dann endlich weiter. Der Strand, der uns in Caloundra erwartete, war ein zwar sehr schöner, zugleich aber auch sehr touristischer Sandstrand, der sich durch einige Hotelgebäude hindurchschlängelte und auch sonst eher touristenfreundlich, sprich mit einem Pool, einem Spielplatz, einem Kiosk und einer kleinen Promenade angelegt war. Nachdem wir ein paar Sonnenstrahlen getankt hatten, gingen wir zum Wasser, sprangen in die Wellen und badeten zum ersten Mal während unseres gesamten Australienaufenthaltes im Meer. Das war Urlaubsfeeling pur.

Zurück auf unserem Badehandtuch wollten wir noch ein wenig dösen, was aber leider nicht so ganz möglich war, da uns der kleine Bruder von Klumpen permanent mit irgendwelchen Papierschnipseln bewarf und Klumpen selber zum Aufbruch ausrief. Widerwillig aber offiziell verständnisvoll gingen wir mit ihnen zurück zum Auto. Insgesamt waren wir gerade mal eine Stunde am Strand gewesen und daher etwas enttäuscht.

Auf dem Rückweg machten wir noch einen kleinen Halt an einer Imbissbude, um die angeblich besten Pommes abzuholen. Da mich so langsam ebenfalls der Hunger plagte, beschloss ich mir auch ein paar Pommes zu gönnen. Dies war jedoch nicht nötig, da Klumpen bereits die XXL-Familienpackung bestellt hatte. Um zu unserem De-Luxe-Lunch etwas beizusteuern bot ich an, Getränke aus dem Einkaufsladen nebenan zu besorgen. Mein Angebot wurde gerne angenommen. Während ich allerdings noch an eine erfrischende Apfelschorle oder ähnliches dachte, hatte ich auch schon eine XXL-Colaflasche in der Hand.

Zu Hause angekommen konnte es dann losgehen, das große Fressen war eröffnet. Leider konnte ich im Gegensatz zu Klumpen und ihrem Bruder, die sich literweise Barbecuesoße und Ketchup auf ihre Pommes kippten, die Pommes kaum runterkriegen. Dies sollten also die besten Pommes an der ganzen Sunshine Coast sein? Kaum vorstellbar, denn vor mir auf dem Teller häufte sich eine zusammengeklebte, matschige, fetttriefende weiße Masse, die nicht nur unappetitlich aussah, sondern leider auch so schmeckte. Ekelhaft! An Genuss war nicht zu denken. Einfach stehen lassen war allerdings auch nicht möglich, da mich Klumpen und ihr Bruder (den wir intern auf den Namen Fritte getauft hatten, da er mit seinen 13 Jahren einen hässlichen Oberlippenbart trug) die ganze Zeit über beobachteten und erwartungsvoll anlächelten.

Nach dem Genuss dieser Delikatesse machte sich Klumpen auf zu ihrer Arbeit, Fritte begab sich zu seiner Tagesbeschäftigung, d.h. er legte sich vor den Fernseher, und wir zwei Grazien entschieden uns für eine Bikini-Sonnenpause im Garten direkt am Flussufer. Wir saßen noch nicht lange dort als sich auf der anderen Seite des Flusses Unruhe breit machte. Zwei Jungs hatten uns ausgespäht, stürzten sich nun in eines der hauseigenen Boote und fuhren immer wieder völlig „unauffällig“ an uns vorbei.

Wir fühlten uns so langsam ein wenig unwohl und beschlossen die Beiden in Verlegenheit zu bringen indem wir ihnen zuwinkten. Dieser Plan scheiterte leider kläglich. Zwar reagierten sie anfänglich noch etwas peinlich berührt und setzten mit ihrem Boot zum Rückzug an, doch drehten sie bereits wenige Minuten später um und steuerten nun direkt und auch nicht mehr „unauffällig“ auf unseren Liegeplatz zu. Überrascht von soviel „Heldenmut“ wurde uns doch ein wenig mulmig. Wir packten unsere Handtücher und machten uns auf den Weg zurück ins Haus. Alles sollte so entspannt wie möglich und keinesfalls wie eine Flucht aussehen. Als die beiden Jungs dann allerdings ein “Wartet!” raus brachten, entschieden wir uns für eine schnellere Gangart, denn auf Anmache von zwei in der Entfernung sehr jung wirkenden Typen hatten wir überhaupt keine Lust. Zumal wir uns nur mit dem Bikini bekleidet auch nicht passend angezogen fühlten.

Dies war das erste und letzte Mal, dass wir uns im Bikini in den Garten gesetzt hatten. Denn neben der doch eher unangenehmen Geschichte mit den ominösen Jungs hatten wir uns beide auch noch einen leichten Sonnenbrand geholt.

Am Abend trafen wir die restlichen Familienmitglieder wieder: Granny (so hatten wir die Oma bei der wir lebten intern getauft), ihre Freundin aus Darwin und natürlich Klumpen. Von Granny und ihrer Freundin sahen wir allerdings mal wieder nicht viel. Wie sie auftauchten, so verschwanden sie auch wieder. Klumpen hingegen setzte sich zu uns an den Küchentisch vor den immer noch laufenden Fernseher und berichtete uns, dass sie eine kleine furchtbar süße Schlange habe. Wenige Minuten später hatte ich diese auch schon trotz Ekel und Angst in der Hand. Eine Schlange als Haustier? Nie!

Am nächsten Morgen wurden wir wieder von Klumpen geweckt. Eile war angesagt, denn es sollte noch einmal zum Strand gehen. Schnell aßen wir ein paar Toast und kramten unsere Sachen zusammen. Auf der Fahrt zum Strand beichtete uns Klumpen, dass sie gewöhnlicher Weise Strände meidet und verabscheut, da dort immer nur oberflächliche Menschen und Tussis anzutreffen seien. In diesem Moment war uns klar, dass sie nur uns zuliebe zum Strand fährt und dass wir uns auch an diesem Tag nicht länger als eine Stunde dort aufhalten würden.

Dieses Mal fuhren wir zu einem eher versteckten Strand, der weniger touristisch und ihres Erachtens auch weniger schön sei. Wir waren allerdings mit diesem Strand viel zufriedener. Es waren kaum Menschen dort, die Wellen waren hoch und wir konnten uns so richtig entspannen. Selbst Klumpen traute sich diesmal ins Wasser und hielt es ein paar Minuten still auf der Decke aus. Die Gesprächsthemen waren typisch: Jungs, andere Mädchen, Partys etc. Allerdings wurde ich auch durch ein paar Dinge sehr überrascht. Beispielsweise schien sie immer noch davon auszugehen, dass Deutschland in Ost und West eingeteilt ist, dass es ähnlich groß wie Australien sei und dass die gesamte amerikanische Musik zwar auch in Deutschland gespielt, jedoch übersetzt wird.

Wir waren mittelschwer entsetzt und bemühten uns sehr, diese vollkommen veralteten Tatsachen und haarsträubenden Mythen aufzuklären. Wir erzählten ihr, dass sie unbedingt mal nach Europa bzw. Deutschland reisen müsse, um sich ein Bild davon machen zu können. Daraufhin erklärte sie uns, dass sie unheimliche Angst hätte in unser Land zu kommen, da dort während der Herrschaft der Nationalsozialisten so schlimme Dinge passiert seien. Ist dieses Zerrbild wirklich ein Bild, das in Übersee von Deutschland und den Deutschen existiert? Wir waren und nicht sicher, ob wir diese Vorurteile und Irrtümer einfach nur zum Lachen oder todtraurig finden sollten. Zwar wurden wir hier in Australien schon öfter mit Vorurteilen, wie z.B., dass wir uns ausschließlich von Wurst und Bier ernähren, konfrontiert, doch war dies hier ein viel ernster zu nehmendes Problem. Wir haben lange darüber diskutiert und ich hoffe, dass Klumpen nun einen realistischeren Eindruck von Deutschland und den Deutschen hat.

Die nächsten  Tage verliefen ähnlich. Granny war kaum anzutreffen, nachts arbeitete sie bis in die frühen Morgenstunden und tagsüber war sie immer unterwegs oder schlief. Klumpen musste viel arbeiten. Fritte machte sich derweil in Klumpens Zimmer breit. Da Klumpens Zimmer gegenüber der Toilette lag und Fritte nie daran dachte, die Zimmertür zu schließen, hatte er die inoffizielle Rolle der Toilettenaufsicht übernommen. Wir stellten uns vor, dass er eine geheime Liste führt, wer wann und wie lange die Toilette aufsucht. Der Gedanke daran war uns sehr unangenehm und so beschlossen wir eines Abends tatsächlich, zur nächsten Tankstelle zu laufen, um dort auf Toilette zu gehen und der strengen Klo-Kontrolle von Fritte aus dem Weg zu gehen.

Neben den alltäglichen Rundfahrten mit Klumpen in ihrem Ghetto-Playboybunny-Auto besuchten wir die Underwater World. Ein angeblich wirklich toller Unterwasserpark, in dem wir nicht nur Haie, Rochen etc., sondern auch Krokodile und andere typisch australische Wasserbewohner sehen würden. Da das Wetter schlecht bzw. verregnet, unser Geldbeutel bislang sehr wenig oder kaum strapaziert wurde, wir uns so langsam ein wenig touristisch fühlten und sich die anderen Freizeitoptionen und Besichtigungsvorschläge ziemlich uninteressant anhörten (z.B. Besuch im Freizeitpark), beschlossen wir diesen Vorschlag von Granny und Klumpen anzunehmen.

Bereits als wir auf das Gelände fuhren ahnte ich nichts Gutes. Das Gebäude sah zwar ansprechend aber leider ziemlich klein aus, schien demnach auch nicht besonders vielfältig ausgestattet zu sein. Nichts desto trotz betraten wir den Laden und zahlten brav den Eintritt, der auch schon bei stolzen 28 aus $ lag. Während der ersten paar Meter kamen wir an einem Becken mit Rochen und einem Interaktiv- Becken mit Seesternen, Muscheln und Korallen vorbei. Hier konnte man einen Seestern anfassen. Die war zwar eine lustige Erfahrung, sollte leider aber auch das einzige Highlight bleiben. Es folgten zig Aquarien mit irgendwelchen Fischen, die entweder einfach nur braun und uninteressant oder in einer dunklen Höhle versteckt waren.

Der gläserne Unterwassertunnel führte durch ein größeres Aquarium, in dem neben einer größeren Anzahl unscheinbarer Fische dann tatsächlich auch zwei Haie schwammen. Als echtes Highlight wurde dann die Show angekündigt. Wir freuten uns auf eine Krokodilshow oder etwas ähnlich Spektakuläres, wurden aber schnell von der wenig aufregenden Realität eingeholt: Es handelte sich um eine Seehundshow! Es war nicht zu fassen. Wir waren in Australien und saßen auf einer Tribüne um uns eine völlig bescheuerte Seehundshow wie in einem deutschen Seewasseraquarium anzusehen.

Es war grauenvoll. Vermutlich sollte die Show humorvoll und spannend sein. Tatsächlich war sie einfach nur schlecht gemacht. Ein plötzlicher Sturz einer „zufällig“ aus dem Publikum herausgefischten Urlauberin ins ach so gefährliche Seehundbecken brachte nicht nur die kleinen Kinder, sondern auch Klumpen zum Lachen. Sollte das witzig sein? Die komplette Show war ein Fake, der auch noch schlecht inszeniert wurde.

Nach dieser ernüchternden Vorstellung und einem Besuch am Fischotterbecken hatten wir dann auch schon alles gesehen. Klumpen schien mehr als begeistert doch ich konnte meine Enttäuschung einfach nicht verbergen.

Am darauf folgenden Abend war ein Ausflug in das Nachtleben von Caloundra vorgesehen. Es sollten noch eine Freundin von Klumpen und deren Freund bzw. ”friend with benefits“, wie sie es so schön und unzutreffend nannte, mitkommen. Einer der kleinen Clubs in Caloundra war unser Ziel. Selbstverständlich begannen wir schon früh mit dem Styling, denn wir wollten am Abend gut auszusehen und freuten uns auf eine ausgiebige Partytime. Leider verlief auch dieses Mal alles wieder etwas anders als erwartet.

Es war bereits acht Uhr und von Klumpen war weit und breit nichts zu sehen. Wir hatten vereinbart uns mit ihren Freunden um sieben zu treffen, etwas zu trinken und dann gegen neun los zu fahren. Wir vermuteten schon, dass die gesamte Aktion ins Wasser gefallen war und Klumpen vergessen hatte, uns Bescheid zu geben. Aber plötzlich stand sie hinter uns und fragte, ob wir bereit seien zur Abfahrt. Ohne lange nachzufragen stiegen wir zu den anderen ins Auto. Ich erkannte ein Pärchen, das sich weigerte dieses zuzugeben, Klumpen und ….eine ältere Frau am Steuer. Es war Klumpens “jung gebliebene” Mutter.

Wir hatten sie bereits einige Tage zuvor gesehen, als sie am frühen Morgen an uns vorbei in das Zimmer ihrer Tochter stürmte, um ihr von einem total süßen Typen zu berichten, den sie irgendwo kennen gelernt hatte. Nun saß sie also vor uns. Immer noch redeten wir uns ein, dass sie das viel zu kurze, bauchfreie und sehr weit ausgeschnittene Top, die lila Lackschuhe, den übertriebenen Lidschatten auf der faltigen Haut und den roten Lippenstift, der nicht nur auf ihrem Mund, sondern auch auf ihren gelben, ungepflegten Zähnen klebte, grundlos trug und uns einfach nur in die Disco fahren würde. Natürlich war dies ein Irrtum, denn Mutter war auf Männerfang.

Bereits auf der Fahrt mussten wir ihr versprechen, sie später nicht mit Mama oder sonst wie anzusprechen, sondern mit ihrem Namen, da die Typen sonst zu abgeschreckt wären. Wir fuhren auch leider nicht nach Caloundra in einen der normalen Clubs, sondern in ein Waldhotel, in dem eine Art Ü-40 Party mit Lifemusik stattfinden sollte. Dort angekommen traf uns dann endgültig der Schlag. Musste denn wirklich immer alles schief laufen? In dem mittelgroßen, mit Teppich ausgelegten Raum spielte eine Countryband, deren Bandmitglieder offensichtlich aus dem Seniorenheim ausgebrochen waren und sich nur noch schwer ohne Gehhilfe aufrecht halten konnten. Vor ihnen standen im Raum verteilt ein paar ähnlich alte Leute in ihren Jugendlich-Verkleidungen und warteten darauf, wie in den 60ern endlich abhotten zu können.

Wir beschlossen die Bar zu stürmen, um unsere Lage schön zu trinken. Leider änderte sich auch nach dem zweiten Billigbier nichts an der furchtbaren Situation. Während meine Freundin langsam von Aggression in Depression verfiel, konnte ich mal wieder nur über die ganze Situation lachen. Was hatte Klumpen nur dazu getrieben uns hierher zu schleppen? Scheinbar stellte sich auch das heimliche Paar diese Frage, denn wenig später schlich Klumpen durch den Raum, um sich von ihrer partywütigen und bereits mit einigen Männern beschäftigten Mutter zu verabschieden. Wir konnten aufatmen.

Selbstverständlich erhofften wir nun etwas weitaus Besseres. Aber Fehlanzeige. Denn wir fuhren nun zwar zu einem normalen Club in Caloundra, in dem wir aber nahezu die einzigen Gäste waren. Wieder einmal spielte eine grausame Lifeband grausame australische Schlager. Zu allem Überfluss wurde am Nebentisch ein Junggesellenabschied gefeiert. Logisch, dass es sich dabei um eine reine Männerrunde handelte. Logisch auch, dass jeder dieser peinlichen Runde versuchte, mal eben etwas völlig Verrücktes anzustellen oder einen letzten Aufriss zu starten. Logisch auch die Konsequenz: Da außer uns und ein paar alten Ladys für den letzten Aufriss keine anderen Opfer vorhanden waren, hatten wir nun diesen Chaoten-Verein am Hals. Irgendwie dämmerte uns nun, dass dieser Abend gelaufen war. Aber endgültig Schluss war dann in dem Moment, als meine Freundin von einer lesbischen Dame höheren Alters angesprochen wurde. Offensichtlich ein echter Aufreißer-Club und wir das willkommene Frischfleisch. Um zwei Uhr lagen wir dann endlich in unseren Betten. Allein!

Wenige Tage später starteten wir mit Granny einen kleinen Tagesausflug. Unser Ziel waren die Glass House Mountains, ein wunderschönes Wald- und Berggebiet in der Nähe der Sunshine Coast. Wir fuhren also los und waren auf eine kleine Wandertour vorbereitet, d.h. wir hatten uns für halbwegs festes Schuhwerk und „zweckmäßige“ Klamotten entschieden. Nach einigen Zwischenstopps in irgendwelchen völlig uninteressanten Souvenirläden, in denen Elfen, Engel und sonstiger Quatsch zum Hinstellen verkauft wurde, erreichten wir dann endlich die Berge.

Wir parkten an einem Aussichtspunkt mit einem wunderschönen Ausblick auf die umliegenden Wälder. Da dort einige Wanderrouten starten waren einige Infotafeln für Touristen und Wanderer aufgestellt. Obwohl ich mich bislang überhaupt nicht mit historischen und kulturellen Einzelheiten beschäftigt hatte, überkam mich die Neugier und ich las mir einige der Informationen durch.

Also: Die Glass House Mountains gehören zu Caloundra und wurden 1770 von Captain James Cook entdeckt und benannt. Der Begriff „Mountain“ ist vielleicht ein wenig irreführend, denn eigentlich handelt es sich nicht um (alpine) Berge, sondern eher um Hügel mit einer Höhe zwischen 100 und 556 Metern, die sich aber trotzdem deutlich vom ansonsten flachen Umland abheben. Wie es sich für ein ordentliches Touristenziel gehört, gibt es auch für die Glass House Mountains eine Legende zu ihrer Entstehung. Demnach stehen die Berge in ihrer Position und Anordnung für eine Familie, in der, als das Wasser anstieg, ein Streit entfachte. Der Vater der Familie hatte dabei seinen ältesten Sohn gebeten, sich um seine erneut schwangere Mutter zu kümmern. Dieser zeigte allerdings kein Interesse und wurde daher von seinem Vater verachtet bzw. der Vater wand sich aus Enttäuschung von seinem Sohn ab. Zwei sehr ähnlich aussehende Berge stellen also Zwillingskinder der Familie, der besonders dicke Berg die schwangere Mutter, der abgewandte Berg den Vater dar und so weiter.

Welch ein Blödsinn! Muss denn jeder Hügel mit einer derart lächerlichen und weit hergeholten Geschichte für die Touristen „interessant“ gemacht werden? Spontan hatte ich jegliche Lust verloren, mich weiter mit den Infotafeln zu beschäftigen.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir davon ausgegangen, dass dieser Waldparkplatz der Ausgangspunkt für eine kleine Wanderung sein sollte. Als sich Granny jedoch wieder ins Auto setzte wurde uns schlagartig klar, dass wir nicht den Ausgangspunkt, sondern das Ziel des heutigen Ausflugs erreicht hatten. Also keine Wanderung?! Glücklicherweise konnten wir Granny, die unsere Irritation bemerkt hatte, doch noch zu einem kleinen, entspannenden Waldspaziergang überreden. Und wir hatten wieder etwas gelernt: „Ausflug“ bedeutet, mit dem Auto einige Orte anzufahren, kurz auszusteigen, Fotos zu machen und weiter zu fahren. Körperliche Aktivitäten sind dabei weitestgehend zu vermeiden.

Auf unserer Rückfahrt fuhren wir an einigen Obstplantagen vorbei. Dabei kamen wir auf das leidige Thema Jobsuche zu sprechen und dass wir auch bereit wären, auf einer Obstplantage zu arbeiten. Prompt wendete Granny mitten auf der Straße, fuhr zurück und bog in einen Feldweg ein. Nun standen wir vor einer Erdbeerplantage. Sie parkte ihren Wagen, wir stiegen aus und betraten ein Gebäude. Dort fragte sie auch ohne lange zu zögern ob nicht noch ein oder zwei Arbeitskräfte gesucht würden. Ein spontaner und total netter Versuch, leider wie all unsere Jobsuchversuche ohne Erfolg, denn es werden nur Erbeerpflücker mit Diplom und mehrjähriger Berufserfahrung eingestellt.

Am nächsten Tag machten wir uns mit Grany auf die Jobsuche. Wir fuhren die großen Einkaufszentren ab und erkundigten uns nach Arbeitsplätzen. Leider wieder einmal ohne Erfolg. Auch der darauf folgende Tag, den wir mit der Jobsuche verbrachten, endete erfolglos. Trotz der engagierten Hilfe von Granny, Fritte und Klumpen wollte es einfach nicht klappen. Keiner wollte uns Backpacker einstellen.

Wenige Abende später kam Klumpen wie so oft mit einem Burger und einer Pizza unter dem Arm nach Hause. Sie legte uns zwei Bewerbungsformulare auf den Tisch und verkündete stolz, dass wir diese schnellstmöglich ausfüllen und zurückbringen müssten, da wir den Job in diesem Pizzaladen schon so gut wie in der Tasche hätten. Dies taten wir dann auch und noch in derselben Woche bekamen wir eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Angst und Freude zugleich schossen uns durch den Kopf. Wir bemühten uns einigermaßen seriös auszusehen und wurden dann von Klumpen vor der Pizzeria abgesetzt.

Wir waren ausnahmsweise pünktlich, standen dafür aber auch vor verschlossenen Türen und mussten erst einmal die für Australien obligatorischen 15 Minuten Minimum-Verspätung abwarten. Endlich begrüßte uns eine Frau. Alles schien gut zu laufen. Sie war nett und das Gespräch verlief recht entspannt. Allerdings sollte auch dies wieder einmal ein Griff ins Klo sein. Denn kurz bevor wir den Termin für unser Probearbeiten klären wollten, stellte ich die alles entscheidende Frage. Ich fragte, wie oft und zu welchen Konditionen wir arbeiten könnten. Daraufhin antwortete sie mit dem absoluten Aus- Kriterium: Sie erklärte, dass sie uns nur als Springer bzw. alle zwei Wochen oder in Notfällen einsetzen könne, um uns nicht einarbeiten zu müssen. Weiterhin fuhr sie fort, dass sie es ohnehin eher weniger befürworten würde, reisende Menschen wie uns einzustellen. Und damit war das Gespräch leider beendet und wir hatten immer noch keinen Job. An diesem Tag beschlossen wir, die Jobsuche vorerst zu vergessen, die letzten Tage als Urlaub zu akzeptieren und noch einmal in Brisbane auf die Suche zu gehen.

Die nächsten Tage verbrachten wir am Strand, in der Bibliothek (dort konnte man das Internet für eine halbe Stunde kostenlos nutzen) und beim Shoppen in einem der großen Shoppingzentren, um uns ein paar neue Hosen zu kaufen. Da unsere Ernährung bislang hauptsächlich aus Weisbrot und anderen kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln bestand, hatten sich auch bei mir ein paar Kilos angesetzt, so dass ich meine Hosen nicht mehr höher als zu den Knien ziehen konnte. Nach wenigen Stunden waren wir auch schon fündig geworden.

In derselben Woche ergab sich die tolle Möglichkeit, an einem Surfunterricht teilzunehmen. Granny war mit uns zu einer ihrer Bekannten gefahren, die eine Austauschschülerin aus Deutschland bei sich aufgenommen hatte. Wir verstanden uns mit der Austauschschülerin auf Anhieb gut und sie erzählte uns von ihren Surfstunden aus der Schule. Ich war begeistert und sie bot mir an einmal zum Unterricht mitzukommen. Gesagt, getan. Der Surfunterricht war wirklich spannend. Ich habe mein Bestes gegeben, aber das war natürlich bei weitem nicht genug. Was für Zuschauer immer so leicht und elegant aussieht, ist für eine sportlich eher weniger aktive Person wie mich tatsächlich eine knochenharte Anstrengung. Nicht nur das ständige Aufstemmen mit den Armen, sondern auch das Halten des Gleichgewichts war eine echte Herausforderung. Dafür war der Surflehrer, anders als befürchtet, total nett und diese Probestunde eine super Erfahrung. Trotz weitestgehender Talentlosigkeit hatte ich meinen Spaß und stand sogar einige Male auf dem Brett! Und ich weiß nun, dass ich unbedingt noch einmal surfen möchte. Leider endete auch dieser Tag mal wieder mit einer der offensichtlich von mir abonnierten kleinen Pannen: Ich hatte trockene Wäsche für den Nachhauseweg vergessen. Mit tropfnassem Bikini stand ich also im Dämmerlicht am Strand und es blieb mir nichts anderes übrig, als in Minimalbekleidung den Rückweg mit dem Bus anzutreten.

Die Zeit verstrich nun wie im Flug und aus den anfänglich geplanten „paar“ Tagen waren mittlerweile fast drei Wochen geworden. Es war also an der Zeit unsere Sachen zu packen und in den Alltag, d.h. nach Brisbane, zurückzukehren. Doch zuvor, an unserem letzten Wochenende, war noch einmal Party mit Klumpen und ihren Freunden angesagt. Sie wollte uns nach dem Fiasko unseres ersten Partyabends beweisen, dass es auch anders geht, dieses Mal jedoch nicht in Caloundra, sondern in Brisbane. Der Freund bzw. die Affäre von Klumpens Freundin hatte uns zu einem Partyabend eingeladen und uns zugesichert, dass wir alle bei ihm übernachten könnten.

Auf unserem Hinweg hielten wir an einem der Bottleshops an, um uns für den Abend mit alkoholischen Getränken einzudecken. Für mich gab es Wein (zur Vermeidung von Kopfschmerz diesmal kein Goon) und für Klumpen und meine Freundin süße Alkopops. Während der Fahrt bekam Klumpen dann einen Anruf von ihrer Freundin, die bereits in Brisbane bei ihrem Typen war. Sie erzählte, dass wir uns beeilen und schon mal im Auto vortrinken sollten, da wir uns direkt nach Ankunft in das Partyleben stürzen wollten. Ein wenig angenervt über die absolut ungemütliche Stimmung und den überflüssigen Stress, wollten wir daraufhin mit dem Trinken beginnen. Das Problem war, dass meine Freundin keinen Flaschenöffner und ich keinen Korkenzieher hatte.

Nach ein paar Überredungsakten fuhren wir schließlich auf eine Raststätte, um das Problem in Angriff zu nehmen. Wir gingen in die Tankstelle und fragten nach Flaschenöffner und Korkenzieher. Leider ohne Erfolg. Etwas geknickt gingen wir wieder zum Auto. Da sah ich einen großen Truck mit ein paar Männern auf dem Parkplatz stehen. Diese Männer hatten mit Sicherheit zumindest einen Flaschenöffner dachte ich mir und ging mit meiner Freundin zu ihnen, um sie danach zu fragen. Tatsächlich waren wenige Minuten später die Flaschen meiner Freundin geöffnet. Meine Weinflasche allerdings war in Ermangelung eines Korkenziehers immer noch verschlossen.

Die Fahrt ging weiter, meine Freundin trank, die Musik dröhnte. Wozu hatte ich mir diese blöde Weinflasche gekauft, wenn ich sie nun noch nicht einmal trinken konnte? Was habe ich in solchen Situationen in der Vergangenheit getan? Na klar: Wenn der Korken nicht raus will, dann muss er eben rein. Mit aller Kraft drückte ich also den Korken immer weiter in die Flasche. Das letzte Stück erledigte meine Freundin und bekam als Belohnung einen ordentlichen Schwall des guten Gesöffs ab, als sich plötzlich der Korken in der Flasche versenkte. Endlich konnte auch ich meinen Wein antrinken.

Klumpens Stimmung wurde langsam aber sicher immer schlechter. Sie musste fahren und konnte nicht trinken. Hinzu kam, dass sie scheinbar wirklich überfordert mit der neuen Verkehrssituation war. Die vielen Straßen in der Großstadt, der Straßenverkehr und die unbekannte Umgebung machten ihr zu schaffen. Mehrmals rief sie ihre Freundin an, um sich den Weg erklären zu lassen. Er war ganz einfach, doch sie sah sich nicht in der Lage blind den Anweisungen zu folgen. Ständig mussten wir wieder umdrehen, die Musik war nun auch aus (das hatten wir in Klumpens Ghetto-Playboybunny-Auto noch nie erlebt) und Klumpen war nicht mehr ansprechbar. Immerzu brüllte sie ihre Freundin am anderen Ende der Telefonleitung an bis sie endgültig den Verstand zu verlieren schien und an den Straßenrand fuhr. Nun brüllte sie ins Telefon, dass sie sich keinen Millimeter mehr von der Stelle rühren würde und legte auf.

Stillschweigend saßen wir zu dritt in dem Auto und meine Freundin und ich fragten uns, was plötzlich in die sonst so fröhliche Klumpen gefahren war. Plötzlich klingelte das Handy, doch Klumpen ging nicht ran. Was sollte das nun werden? Wollte sie jetzt tatsächlich eingeschnappt in der Parkbucht stehen bleiben und warten, bis der nächste Tag gekommen war? Langsam wurde ich unruhig.

Nach dem fünften unbeantworteten Anruf schien sie dann doch noch ihre Meinung geändert zu haben und ging ran. Sie brüllte ins Telefon, dass die Beiden kommen sollten, um uns von dieser Parkbucht abzuholen. Tatsächlich kamen wenige Minuten später ihre Freundin und deren Freund, um die völlig missgelaunte Klumpen und uns durch die Straßen zu lotsen.

Am Haus angekommen ging es auch gleich schon weiter. Zu uns gesellte sich noch ein weiterer Typ, der weiße, spitze und absolut hässliche Bordellschleicher trug und ein etwas dickeres, in ein pinkfarbenes Minikleid gehülltes Kampfschweinchen.

Während der Typ noch einen recht netten Eindruck machte, war das Kampfschweinchen wirklich furchtbar. Scheinbar hatte sie sich so viel Selbstbewusstsein angetrunken, dass sie nun ohne zu Stottern behaupten konnte, die Tollste und Schönste auf der Welt zu sein. Weiterhin erklärte sie uns, dass wir neben ihr die Krümel vom Kuchen seien. Wie passend dachte ich mir, denn wie eine geplatzte Kirschtorte sah sie tatsächlich aus.

Die Taxifahrt war dann auch recht spannend, da das Kampfschweinchen tatsächlich meinte, uns allen ihren super push up BH zeigen zu müssen und die Jungs einmal fühlen lassen zu müssen. Auch Klumpens Freundin war mehr oder weniger außer Rand und Band und hielt ihre Brüste aus dem Fenster in den Fahrtwind.

Das konnte ja noch ein witziger Abend werden.

Letztendlich war er das auch.

Ein paar Typen versuchten ihr Glück als Frauenversteher, von Klumpen und Konsorten haben wir eher weniger zu sehen bekommen und meine Freundin und ich haben mal wieder so richtig auf der Tanzfläche abgespackt.

Auf unserem Rückweg war Klumpen kurz davor eine Prügelei anzuzetteln und musste sich wenig später neben ihrem Auto übergeben. Wir fielen in unser Bett bzw. auf unsere Luftmatratze und sahen Klumpen erst am nächsten Morgen wieder: Sie hatte tatsächlich in ihrem Auto geschlafen.

Während wir außer Müdigkeit keine postalkoholischen Symptome verspürten ging es Klumpen umso schlechter. Sie lag im Bett des Hausbewohners und beichtete uns um 14.30 Uhr, nicht fahren zu können und noch etwas schlafen zu müssen. Na toll …was sollten wir nun die ganze Zeit über tun? Wir wollten einfach nur zurück und duschen.

Da das Haus, in dem wir übernachtet hatten, eher dreckig und ziemlich runter gekommen war, fühlten wir uns ziemlich unwohl und wollten so schnell wie möglich da raus. Klumpen öffnete eine halbe Stunde später die Augen und ordnete an, dass einer zu Mc Donalds fahren müsse, um ihr etwas zu essen zu holen. Konnte das wirklich wahr sein? Lag da nun wirklich diese schwer übergewichtige Frau, weniger als leicht bekleidet, schwitzend auf dem Bett des Hausbewohners und schickte jemanden zu Mc Donalds? Ja, es war die Realität. Sogleich machte sich der Freund ihrer Freundin auf, um für Klumpen etwas Nahrhaftes zu besorgen. Als er mit einigen Tüten beladen wieder zurück war, probierte Klumpen einen Bissen, befand das Essen als ekelhaft und schmiss es weg. Wunderbar.

Einige Zeit später war Klumpen zum Start bereit. Endlich. Wir fuhren los und mussten wenige Minuten später an der nächsten Tankstelle wieder halten. Klumpen schickte mich in die Tankstelle um ihr ein Wasser zu kaufen, folgte mir allerdings. Während ich an der Kasse stand und mich fragte, was dies zu bedeuten haben könnte, wurde ich von einem würgenden und gurgelnden Geräusch aus meinen Gedanken gerissen. Klumpen war mir zwar gefolgt, war aber weiter zu den Toiletten gelaufen. Das abschreckende Geräusch, von dem nicht nur ich, sondern auch der Tankwart an der Kasse schockiert war, kam aus der Toilette, wo sich Klumpen erneut übergeben musste.

Schnell bezahlte ich und ging zum Auto zurück, um dieser peinlich Situation aus dem Weg zu gehen. Wenig später kam auch Klumpen zurück. Das Gesicht mit Erbrochenem verziert ebenso wie ihre Hände. Ich glaubte meinen Augen nicht trauen zu können. Das war derart ekelhaft, dass ich am liebsten auch auf die Toilette gerannt wäre. Sie wischte sich die Reste aus dem Gesicht und setzte sich hinter das Steuer. Dennoch machte sie keine Anstalten den Wagen zu starten.

Sie fragte meine Freundin, ob diese nicht fahren könne und stieg aus. Schnell wechselten sie die Plätze, wir drehten eine kleine Übungsrunde auf dem Parkplatz und die Fahrt ging weiter. Klumpen schlief, meine Freundin fuhr und ich war immer noch von dem Ekel überwältigt.

Zwei Stunden später hatten wir dann endlich unser Ziel erreicht. Bis auf einige Verwechselungen zwischen Blinker und Scheibenwischer und einer Sekunde auf dem Fahrradweg, hatte meine Freundin die Fahrt richtig gut gemeistert.

Am nächsten Tag buchten wir unser Busticket für die Rückfahrt. Klumpen schien davon eher weniger begeistert, akzeptierte dann aber doch noch, dass wir Reisende sind, die nicht so lange an einer Stelle bleiben können und wollen. Wir packten unsere Sachen und am nächsten Morgen fuhr uns Granny zum Busbahnhof. Der Abschied war kurz und schmerzlos.

Insgesamt war dieser Trip an die Sunshine Coast nicht nur finanziell eines der besten Dinge, die uns passieren konnten, sondern auch sonst sehr erholsam und aufregend. Wir hatten endlich einmal die Möglichkeit gehabt, die australische Jugend kennen zu lernen und uns als Teil einer Gesellschaft und nicht als Backpacker zu fühlen. Dafür sind wir nach wie vor dankbar.


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