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Ouback (Currawilla)

Allgemein — posted_by mellizo1 @ 11:16

Unser erster Tag im absoluten Nichts verlief recht ruhig, da der größte Teil der zu erledigenden Aufgaben bereits getan war. Allerdings stand uns noch der Kompost bevor. Dieser musste jeden zweiten Tag gewendet und gewässert werden. Wir schlüpften also in unsere ältesten Klamotten und begaben uns in den Kampf. Und es war wirklich ein Kampf. Der Gestank, der Dreck und die pralle Sonne waren unser geringstes Problem. Vielmehr waren es die unzähligen kleinen Fliegen, die uns nahezu aufgefressen haben. Sie waren einfach überall, um uns zu nerven und die Arbeit zu erschweren. In den Augen, in den Ohren, in der Nase und sogar im Mund. Vier Misthaufen und einige Fliegenangriffe später waren wir dann fix und fertig. Nachdem wir uns wieder umgezogen und etwas frisch gemacht hatten, gingen wir in die Küche um mit dem Kochen zu beginnen.

Diese Aufgabe hatte uns am meisten Sorge bereitet, da unsere Kochkünste bislang doch eher im Bereich des Aufwärmens in der Mikrowelle bzw. des Nudelkochens lagen. Zu unserem Glück waren die vier zu bekochenden Männer alles andere als anspruchsvoll was das Essen betraf. Wir sollten „ein wenig Fleisch“ (dies bedeutete soviel wie 5-6 Kilo) in einem großen Topf zusammen mit ein paar Zwiebeln, Möhren und Kartoffeln kochen.

Während wir uns noch Gedanken machten, wer nun in den Kühlraum des Grauens gehen müsse, um ein großes Stück Fleisch daraus zu besorgen, kam auch schon glücklicherweise der Hausherr mit einem großen Topf voll Fleisch zu uns und verließ wieder die Küche, um zurück zur Arbeit zu gehen. Ich öffnete den Topf und glaubte Opfer einer Sinnestäuschung zu sein. In diesem ca. 20 Liter großem Topf lagen nicht nur dicke, blutige Fleischbrocken, sondern auch ein gehirnähnliches Konstrukt und zu unserem Entsetzen eine sehr, sehr lange Zunge. So schnell es ging schlossen wir wieder den Deckel. Nachdem der erste Schock über die Menge und Art des Inhaltes in dem Topf überwunden war, begannen wir damit, die Zwiebeln, Kartoffeln und Möhren klein zu schneiden. Vier Stunden später öffneten wir dann den Topf, um das Gemüse mit hinein zu werfen und zu sehen wie weit das Fleisch bereits gegart war. Und weitere 20 Minuten später war dann endlich alles fertig. Wir hatten große Mühe damit, den Topf von der Herdplatte zur Spüle zu hieven, um das fettige Wasser abgießen zu können. Wir drapierten das Fleisch auf zwei Silberplatten und das Gemüse in eine kleine Schale. Nun kam das wohl Schlimmste an dieser ganzen Sache. Da das Fleisch mehr als verfettet war, mussten wir nun den Speck und die fettigen Schwarten entfernen und zu allem Ekel die Zunge pellen. Es war unvorstellbar ekelhaft. Ich, die von ihrem siebten bis zum 19. Lebensjahr eiserne Vegetarierin gewesen war und stets vorsichtig und angeekelt im Umgang mit rohem Fleisch etc. war, musste die Haut einer Kuhzunge, mitsamt der kleinen Härchen von dem adrigen Fleisch abziehen!

Nicht nur der Anblick des Kühlhauses, sondern auch diese Aktion waren Auslöser dafür, dass ich beschloss, in Zukunft wieder vegetarisch zu essen. Meine Freundin, die sonst gerne Fleisch ist, war ebenfalls so angewidert, dass sie beschloss, für die nächsten zwei Wochen erstmal kein Fleisch mehr zu essen. Mittlerweile waren auch die vier Männer wieder nach und nach eingetroffen und fanden einen Berg Fleisch mit einer klein geschnittenen Kartoffel und etwas Gemüse vor. Anders als erwartet, waren diese darüber eher weniger erfreut. Die Kartoffeln sollten ebenso wie die Zwiebeln und Möhren im ganzen Stück bleiben, sodass jeder eine Kartoffel, eine Möhre und eine Zwiebel neben einem Berg Fleisch auf seinem Teller liegen hatte. Nichts desto trotz, begannen sie ihre hungrigen Mäuler zu stopfen und waren mehr als verwundert über die Tatsache, dass wir nicht von dem Fleisch essen wollten, sondern vor einem kleinen Teller Kartoffeln und Möhren saßen. Auf die Begründung, dass wir Vegetarier seien, reagierten sie sogar ziemlich geschockt. Nachdem alle aufgegessen hatten spülten wir noch ab und marschierten mit fettbespritzten Klamotten und nach Fett stinkend in unser Zimmer.

Die darauf folgenden Tage verliefen ähnlich. Morgens um sieben Uhr aufstehen, die Tiere füttern, Käfige reinigen, den Misthaufen wenden, frühstücken, ein wenig relaxen und kochen. Bei unseren alltäglichen Kochaktionen mussten wir immer wieder feststellen, dass die vier Männer tatsächlich sieben Tage die Woche, zwei mal täglich nichts Anderes essen als Fleisch. Neben dem typischen Fleisch-mit-Kartoffeln-und-Möhren Gericht, stand auch noch das Barbecue ganz hoch im Rennen. Neben einem „Barby“ am Mittag, wie sie es so liebevoll nannten, gab es dann auch jeden Morgen noch ein kleines Barby „to go“, welches aus den Fleischresten vom Vortag und einer ungetoasteten Scheibe Toast mit Zwiebeln bestand.

Leider mussten wir feststellen, dass dieser Haushalt nicht nur aus überzeugten Fleischessern bestand, sondern auch 100%ig auf deren Essgewohnheiten ausgerichtet war: Außer ein paar Nudeln, einigen Kartoffeln, ein paar Karotten, Zwiebeln und Äpfel, die allerdings für die Vögel gedacht waren, gab es auch nicht viel anderes aus dem Bereich Gemüse und Obst. Somit war unsere Ernährung nicht besonders abwechselungsreich.

Eines Abends, es war bereits dunkel, wir waren mal wieder in der Küche am brutzeln und die Jungs waren noch auf der Cattlestation, fingen die Hunde plötzlich an zu bellen. Da sie sich sonst immer sehr ruhig verhielten, war ich ein wenig verwundert, machte mir aber keine weiteren Gedanken und kochte weiter. Plötzlich stand hinter uns ein uns unbekannter Mann und fragte wo er Roger (den Hausherrn) finden könne. Mehr als erschrocken standen wir bevor wir antworten konnten eine Weile einfach nur so da, so dass der über unsere Sprachlosigkeit erstaunte Unbekannte ohne unsere Antwort abzuwarten wieder verschwand. Wer war dieser Mann? Was wollte er? Eine Stunde später kamen dann die Anderen und als wir ihnen gerade von diesem kuriosen Auftritt berichten wollten, stand der Mann auch schon wieder in der Tür. Wie sich herausstellte, war der Unbekannte ein weiterer Farmarbeiter, der nun zur Saison das Team ergänzte. Seine Aufgabe sollte es sein, das riesige Farmareal mit seinem „Helikopter“ zu überfliegen und nach den Rindern Ausschau zu halten. Mit seinen Angaben sollten dann die Jungs geleitet werden, um das Vieh eintreiben zu können. Der mit einigem Stolz angekündigte „Helikopter“ war wie sich im Nachhinein rausstellte, ein kleiner, eiförmiger Ultraleichtflieger ohne Dach und auf drei Rädern, der zum Starten angeschoben werden musste und in dem gerade mal der Pilot Platz hatte.

Neben der Tatsache, dass dieser Typ (für australische Verhältnisse) unverschämt gut aussah, war er auch noch charakterlich gesehen recht unverschämt. Nicht nur dass er direkt nach seiner Ankunft unsere Reaktion lauthals kritisierte und sich über uns lustig machte, sondern auch, dass er sich über das doch sehr rustikale Essen (die ungeschälten, ungeschnittenen Kartoffeln) bei uns beschwerte.

Am nächsten Tag erledigten wir wie immer unsere Aufgaben. Alles schien in bester Ordnung zu sein, bis uns plötzlich während der Fütterung die Hunde aus dem Zwinger liefen. An sich war dies ja nichts Schlimmes, zumal wir sie eh noch hätten rauslassen müssen, um ein wenig mit ihnen zu spielen und herumzulaufen. Jedoch waren wir etwas irritiert, als sie hinter einem Hügel verschwanden und drei von ihnen erst nach einiger Zeit wieder erschienen. Mit Schrecken stellten wir fest, dass einer von ihnen mit Stolz etwas Kleines im Maul trug. Was war das für eine Beute? Während meine Freundin schon vermutete, dass die drei großen Hunde den einzig kleinen getötet hatten, fiel mir ein, dass das Gehege der Hühner noch offen und diese zum Auslaufen noch draußen waren. Ich ahnte Schlimmstes und tatsächlich: Einer der Hunde hatte ein Huhn gerissen und lief nun stolz mit seiner Jagdbeute im Maul auf uns zu. Wir gaben unser Bestes, um das Huhn irgendwie aus dem Maul zu bekommen. Fehlanzeige! Anstatt es loszulassen kamen nun auch die anderen Hunde, um mit dem gerissenen Huhn zu spielen. Wir waren mehr als verzweifelt und wussten nicht mehr weiter.

Da gelang meiner Freundin das Unfassbare: Für einen Moment hatte der Hund das Huhn auf den Boden fallen lassen. Plötzlich und unerwartet lief das schon für tot erklärte Huhn in die nächste Ecke. Wir konnten aufatmen! Das Huhn lebte, die Hunde waren wieder in ihrem Gehege. Plötzlich entdeckte ich, wie die Katze aus der Ecke kam und das Huhn erneut angegriffen wurde. Da die Katze allerdings sehr schreckhaft war, war es für uns eine Leichtigkeit sie zu vertreiben. Da saß es nun, das kleine Huhn. Verletzt und verängstigt. Was sollten wir tun? Die Verletzung war zwar glücklicherweise recht klein, die Gefahr einer Entzündung aber umso größer. Wir beschlossen, um Ärger aus dem Weg zu gehen, das Huhn zurückzubringen, zu warten, wie sich die Sache entwickeln würde und erst dann etwas zu sagen, wenn es notwendig sei. Glücklicherweise erholte sich das Huhn recht schnell von dem ganzen Spektakel und die Wunde verheilte ohne große Schwierigkeiten, so dass keiner etwas bemerkte und wir zu allem Überfluss einige Tage später noch das Kompliment bekamen, schlaue Mädchen zu sein, da wir die Hühner nicht mit den Hunden zusammen raus gelassen hatten.

Am Abend saßen wir dann mit den Cowboys zusammen, tranken 4x Gold (Bier)und Bundaberg Rum mit Cola aus Dosen und vertrieben unsere Zeit mit Billard und Karten spielen. Am nächsten Morgen mussten die Männer wieder einmal sehr früh d.h. schon um vier Uhr raus. Da wir den Abend zuvor bis zwei Uhr zusammen gesessen hatten, dürfte ihnen dieses sehr schwer gefallen sein, was sie leider nicht daran hinderte uns daran teilhaben zu lassen. Somit gaben sie sich allergrößte Mühe uns um vier Uhr morgens für eine Fahrt im Truck aus unseren Träumen zu reißen. Nach mehreren Versuchen gaben sie dann auch endlich auf und wir konnten wieder in tiefen Schlummer versinken.

Wenige Tage später passierte dann auch schon das nächste Unglück. Als wäre die Sache mit dem Huhn nicht schon schlimm und stressig genug gewesen, geschah an diesem Tag etwas noch viel Schlimmeres. Wie immer erledigten wir alles, schlossen dieses Mal sogar den Hühnerkäfig, bevor wir zu den Hunden gingen und waren auch sonst sehr vorsichtig. Als wir dann die Hunde raus ließen, um uns ein wenig mit ihnen zu beschäftigen, passierte es. Wir unterhielten uns und plötzlich sahen wir um uns herum weit und breit keinen Hund mehr. Wir liefen den kleinen Hügel hinunter, gingen zum Gästehaus und suchten auch sonst alle Bereiche um das Haus herum ab. Keine Chance. Die blöden Köter waren einfach nicht mehr aufzufinden. Langsam wurde die Situation ernst. Es waren bereits zwei Stunden vergangen, die Hunde immer noch nicht zurück und zwei der jüngeren Männer auf dem Weg zur Küche. Was sollten wir tun? Da ich kein guter Lügner bin und auch sonst recht schnell von einem schlechten Gewissen geplagt werde, erzählte ich ihnen von der misslichen Lage. Leider konnte ich ihre Reaktion darauf nicht so ganz deuten, da diese eher neutral ausfiel. Als ich dann jedoch wenig später den Helikopter über uns hörte und der Andere auf einem Quad an mir vorbeifuhr und mich fragte ob ich mit ihm die Hunde suchen wolle, dachte ich, es sei eine wirklich ernste Lage.

Ich erinnerte mich daran, wie die Frau uns bei unserer Schnelleinweisung gewarnt hatte, bloß gut auf ihre vier Lieblinge aufzupassen und gut für diese zu sorgen. Langsam bekam ich Angst. Wie würde der Hausherr reagieren? Würde er ausrasten, weil er genau weiß wie viel die Hunde seiner Frau bedeuten? Würde er uns eine verpassen? So war er immer ein recht fröhlicher Mann gewesen aber wir hatten ihn auch nie länger als eine Stunde am Tag gesehen.

Wir beschlossen also erneut auf die Suche zu gehen. Wir suchten wieder das gesamte Gebiet um das Haus herum ab. Von den Hunden leider keine Spur. Dann kam uns der Gedanke, dass die Hunde eventuell auf die andere Seite des kleinen Tümpels geschwommen waren und nun nicht mehr zurück finden konnten. Wir nahmen uns also das kleine Paddelboot und paddelten (mit einem Paddel) auf die andere Seite. Beim Anlegen stieg ich als erstes aus dem Boot um es mit dem Seil an Land zu ziehen. Leider stieß ich mich wohl etwas zu stark vom Boot ab, so dass ich nur knapp am Uferrand aufkam. Da der Boden die Konsistenz eines Moorbodens hatte, rutschte ich ab, sackte ein und viel in die dreckig braune, von Krebsen und Schlangen bewohnte Brühe. Fantastisch! Konnte dieser Tag wirklich noch schlimmer werden?

Wir wanderten immer weiter vom Haus weg durch die ausgedörrte Wüstenlandschaft. Wuchsen um das Haus herum zumindest noch vereinzelt trockene Pflanzen, so war nun weit und breit nichts anderes mehr als harter, aufgesprungener, trockener Sandboden zu sehen. Die Sonne schien, in der Ferne verschwamm der Horizont in der flimmernden Hitze, die Fliegen summten in Schwärmen um uns herum. Mein weißes T-Shirt war plötzlich schwarz vor Fliegen.

Bei mir begann sich so langsam alles zu drehen. Wir waren bereits zwei Stunden durch die pralle Sonne gewandert und hatten immer noch keine Spur von den Hunden finden können. Nach drei, vier Stunden der Orientierungslosigkeit fanden wir dann endlich wieder zum Haus zurück. Aus Angst vor der Reaktion des Hausherrn setzten wir uns erst einmal im Gästehaus hin, um die Situation zu überdenken und für den Notfall Fluchtpläne zu schmieden. Diesmal würde es allerdings nahezu unmöglich sein zu entkommen, da wir nun nicht nur fünf Stunden vom nächsten Ort (oh je, Windorah), sondern auch fünf Stunden vom nächsten Haus entfernt waren. Letztendlich sahen wir ein, dass wir uns der Sache stellen mussten und gingen zum Haus. Es war bereits am Dämmern, wir beide hatten den totalen Sonnenbrand und ich hatte einen ziemlichen Sonnenstich, so dass ich mich mit zwei Schmerztabletten und einer Flasche Wasser ins Bett legen musste. Die Jungs waren mehr als nett und beruhigten uns.

Später fuhren wir dann mit den Quads zur Cattlestation um Roger von der Sache zu berichten. Die Jungs setzten sich dabei für uns ein, berichteten ihm davon, wie wir den ganzen Tag nach den Hunden gesucht hatten. Dies wäre allerdings gar nicht nötig gewesen, da Roger anders als erwartet reagierte: Er lachte nur und sagte, dass diese schon irgendwann wieder kommen würden. Spätestens dann wenn sie Hunger hätten. Er berichtete davon, dass dies schon einmal passiert sei und er eher glücklich über den Verlust der Hunde wäre, weil diese immer nur Unsinn machen. Erleichtert wie noch nie fuhren wir zurück und diesmal konnte auch ich die schnelle Quadfahrt durch die Sandberge genießen.

Roger sollte Recht behalten. Noch in der gleichen Nacht kamen die Hunde völlig erschöpft und verdreckt zurück und rührten sich auch die nächsten Tage nicht mehr von der Stelle. Unsere Geschichte von der aufwendigen Suchaktion mit Sonnenstich und Schlammbad wurde dann noch Wochen später belächelt und Freunden berichtet.

Am nächsten Tag sind wir dann mit den Jungs auf den Motorcrossrädern ein bisschen rumgedüst. Ansonsten verliefen die darauf folgenden Tage eher langweilig. Wir schauten viele DVDs und mussten feststellen, dass das Freizeitangebot im Outback ziemlich mager ist.

Eines Morgens wachten wir auf und uns wurde mitgeteilt, dass wir ein 4 Tage altes Kälbchen versorgen müssten, da die Mutter gestorben war. Es war noch so klein, dass wir es noch mit der Flasche zwei mal täglich füttern mussten. Dies war Anfangs leider gar nicht so einfach, da das Kälbchen sich sehr stark gegen unsere Fütterungsversuche wehrte. Als wir es dann nach drei Stunden guten Zuredens und zig Versuchen beinahe problemlos füttern konnten, war das zum ersten Mal ein richtig gutes Gefühl und ein Erfolgserlebnis. Jeden Tag freute ich mich nun, wenn ich zu ihm gehen konnte und es mich bereits erwartete. Wir tauften es Popel. Leider schien eines der anderen und schon sehr stabilen Kälbchen zu merken, dass es nun nicht mehr an erster Stelle stand und versuchte ständig aus der Flasche zu trinken und Popel beiseite zu drängen. Wir hatten echte Mühe und mussten zu zweit in das Gehege, so dass einer Popel füttern und der andere das zweite Kälbchen festhalten konnte. Dabei wurde mir so einige Male mit voller Wucht auf den Fuß getrampelt und ich wurde immer mal wieder weggerammt.

Wir waren nun bereits über eine Woche hier und hatten uns an die Stille und den monotonen Tagesablauf gewöhnt. Von den Jungs war bereits einer zurück zu seiner Familie gegangen. Offenbar hatte Roger die aufkommende Langeweile bemerkt, da uns er uns eine neue Tagesaufgabe präsentierte: Kühlraum aufräumen und säubern. Der Kühlraum, so groß wie ein kleines Schlafzimmer, war alles andere als sauber und gut sortiert, was wir allerdings erst auf den zweiten Blick bemerkten. Nicht nur, dass sich an den Gitterstäben der Schimmel festgefressen hatte, sondern auch, dass über die Hälfte der Lebensmittel bereits seit vier Jahren oder länger abgelaufen waren (kein Scherz). Der Reinigungstag hielt also einige echte Überraschungen bei der Entdeckung antiker Lebensmittel, teilweise aus vergangenen Jahrtausenden, bereit.

Die darauf folgenden Tage starteten wir den Versuch, die völlig verstaubten Fenster zu Reinigen, jedoch ohne Erfolg. Der Wüstendsand war einfach zu hartnäckig und somit beendeten wir die große Reinigungsphase und legten uns in die Sonne. Mittlerweile hatten wir nur noch zwei der Männer zu versorgen, da der Hausherr für einige Tage mit dem Truck unterwegs war um die Rinder auf eine andere Farm in der Nähe von Brisbane zu bringen. Da einer der Jungs Junggeselle und Selbstversorgung gewohnt war, übernahm er das Kochen, so dass auch diese Aufgabe vorübergehend entfiel.

Eines frühen Morgens wurden wir mal wieder von dem ohrenbetäubenden Geräusch der Telefonklingel in der Garage geweckt. Da das Beantworten der Anrufe ebenfalls zu unseren Pflichten gehörte, rannte meine Freundin beim dritten Anruf los und kam wenige Minuten später zurück. Es war meine Mutter. Sie hatte sich Sorgen gemacht und das Schlimmste befürchtet, da sie schon Ewigkeiten, d.h. seit einer Woche, nichts mehr von mir gehört hatte. Ich konnte sie glücklicherweise recht schnell wieder beruhigen, merkte dabei allerdings auch, wie sehr mir der telefonische Kontakt gefehlt hatte.

Am Abend machten wir dann unseren alltäglichen Rundgang, fütterten Popel und trieben die Hühner ein. Aus den anfangs 13 Hühnern waren mittlerweile leider zwölf geworden, da eines von einer Schlange gefressen wurde. An diesem Abend mussten wir leider feststellen, dass sich die Zahl wieder um eines vermindert hatte. Wir suchten es überall und fanden es dann plötzlich kopflos im Gehege der fetten Schweine.

Wir hatten es fast geschafft, zwei Hühner weniger und um einige Erfahrungen reicher neigte sich unsere Zeit auf der Farm dem Ende. Die Frau war bereits mit ihren beiden Söhnen und ihrem Neffen zurückgekehrt, wir erhielten jeder 400 aus. $ und unsere Rückfahrt wurde geplant.

Die letzten drei Tage verbrachten wir mit den drei Kindern alleine, da Roger und seine Frau noch einmal eine Fahrt mit dem Truck machen mussten und die Cowboys alle zurück zu ihren Familien gefahren waren, da alle Arbeit getan war. Leider war dies schwerer als gedacht. Einer der Jungs erwies sich als absolut tollpatschig, so dass ihm ständig die unmöglichsten Dinge passierten, wie z. B. eine Maschine Wäsche mit einem Fotokalender anzustellen. Die anderen Beiden waren einfach nur chaotisch und anstrengend. Hatte man einmal kein Auge auf sie, geschah gleich irgendein Unglück, sei es ein Streit, der selbstverständlich in einer Prügelei ausgetragen wurde, ein kleiner Unfall beim Fahren mit den Motocrossrädern oder eine Spielerei mit einem geladenen Gewehr, bei dem sich ein Schuss löste und ein hässliches Loch in der Zimmerdecke hinterließ. Wir hatten also alle Hände voll damit zu tun, darauf aufzupassen, dass keiner umkommt.

Um den Jungs einen Tag der Langeweile zu ersparen und sie zumindest für ein paar Sekunden vorm Fernseher wegzuholen, schlugen wir vor mit ihnen etwas zu unternehmen. Die Jungs waren begeistert und schlugen daraufhin vor, Schwimmen zu gehen. Wo sollte man hier nur schwimmen gehen können fragte ich mich? In dem Tümpel in den ich zuvor einmal reingefallen war? Die Jungs kannten scheinbar einen kleinen Tümpel oder Teich wenige Minuten vom Haus entfernt. Wir packten Sonnencreme und etwas zu Trinken ein und schon konnte es losgehen. Während wir noch davon ausgingen zu Fuß zu gehen hörten wir schon jemanden Hupen. Wir blickten in die Garage und da saß der kleine zwölfjährige Junge in einem Pick up und die anderen beiden hinten auf der Ladefläche. Lässig rief er soviel wie: „Springt auf!“, und wollte starten. Ich war fassungslos. Was hatten diese kleinen Gören nun schon wieder für einen Unsinn vor? Ich erkundiget mich und fand heraus, dass dies in Australien bzw. im Outback eine völlig normale Sache sei, so lange die Kinder auf ihrem eigenen Gelände bleiben. Erstaunlicherweise konnte der kleine Junge auch noch recht gut Auto fahren.

Am nächsten Tag war dann der Tag der Abreise. Wir wurden nach Longreach gebracht und von dort aus ging es mit dem Greyhoundbus weiter. Die Frau hatte die Fahrtkosten übernommen, uns auch sonst noch tausendmal für unsere spontane Hilfsbereitschaft gedankt und uns ihre Telefonnummer gegeben für den Fall der Fälle. Ebenso bot sie uns an, für ein paar Tage in dem Haus ihrer Mutter an der Sunshinecoast wohnen zu können.

Im Großen und Ganzen würde ich diese Episode im Outback als Glück im Unglück bezeichnen und ich bin sehr glücklich, diese Erfahrung gemacht haben zu dürfen.


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